• Der Mensch ist gut.

Er ist im Gegensatz zum Tier ein Vernunftswesen und möchte mit seinen Mitmenschen in Frieden leben. Damit hätten wir doch den Weltfrieden, oder? Ja, wenn er´s dann täte – aber warum ist das eben leider nicht so?

Die Partnerschaft mit der Vernunft verschafft dem Menschen das reine Gewissen (das sanfte Ruhekissen). Das wussten schon die Philosophen der Alten Griechen mit ihren eindringlichen Appellen. 2 1/2 Jahrtausende später hat es unser guter alter Emanuel Kant erneut versucht, uns aufzuklären über das Konzept der Vernunft. Hat die Menschheit ihre Lehren bis heute gehört, verstanden, geschweige denn befolgt?

Aber warum denn nur nicht?

Also ist der Ansatz schon falsch? Müssen wir nicht ganz anders anfangen?

Es begann damit, dass jedes Tier sich nahm, was es zu seiner Selbsterhaltung benötigte – nicht mehr und nicht weniger … der Stärkere dominierte unwidersprochen über den Schwächeren … soweit war alles in Ordnung – es gab weder Gut noch Böse. In ständiger Selbsterneuerung funktionierten Entstehen und Vergehen in reibungsloser Folge.

Erst als im Zuge der Evolution zum Zwecke fortlaufender Verbesserungen der Lebensbedingungen für alle Kreaturen dem Tier „Mensch“ die Gabe zuteil wurde, mit seinem Gehirn nunmehr aus dem von seinen 5 Sinnen Wahrgenommenen Sachverhalte zu erfassen, kam >Sand ins Getriebe<. Denn jetzt konnte es zwar mit seinem neu erworbenen Instrument >Verstand< allgemein gültige Zusammenhänge erkennen, womit es dem Tier „Tier“ mit seinem Natur-Instinkt zwar überlegen war, musste aber ab sofort ohne den selbstregulierenden tierischen Instinkt über die Dosierung seiner Ansprüche als Maß für seine Selbsterhaltung, willentlich selbst entscheiden, womit der Verstand als >instinktloser Regulator< jedoch hoffnungslos überfordert war, denn weiterreichende Schlussfolgerungen aus dem Erkannten zu ziehen, war er nicht in der Lage. Scheinbar alleingelassen mit seinem nun nicht mehr durch normale Sättigung bestimmten Selbsterhaltungstrieb und ausgeliefert den schier grenzenlosen Befriedigungs- und Aneignungs-Möglichkeiten, trug es das Potenzial in sich, orientierungslos abstürzen zu können in eine unersättliche Maßlosigkeit eines degenerierenden, rücksichtslosen, reißenden Unter-Tiers, das nun auch dazu fähig war, als Monster in Menschengestalt dem Bösen als mordgeile Folter- und Tötungs-Maschine zu dienen. Jetzt konnten die Auswirkungen des uferlosen Egoismus´ spürbar werden. Aus seinem Dornröschenschlaf vom Egoismus wachgeküsst, konnte das bis dahin schlummernde Böse nunmehr seinen Prinzen, den unbegrenzten Egoismus, für sich  instrumentalisieren.

Das Böse war erwacht.

Der Egoismus wurde zum Instrument und Knecht des Bösen.

Zur Eindämmung der selbstzerstörerischen Folgen für dieses Un-Wesen hatte die Schöpfung dann ein Einsehen, wollte ihren Fehler wieder gut machen und schuf das Phänomen der Vernunft.

Das Böse in sein ursprüngliches Wachkoma wieder zurück zu versetzen, ist die Aufgabe der Vernunft, die aber nicht selbstregulierend funktioniert, sondern dafür das Tier „Mensch“ benötigt, dessen Verstand dem Gebrauch der Vernunft zur Verfügung steht, wenn er die erkannten Auswirkungen des Bösen nicht will.

Nun immerhin konnte sich das Tier „Mensch“ mit seinem Willen frei entscheiden, ob es ein vom Egoismus bestimmtes Leben als Unter-Tier oder ein von der Vernunft reguliertes Leben als Mensch führen möchte, das frei von krankhafter Egozentrik von Rücksichtnahme, Zusammengehörigkeit und art-erhaltendem Gemeinsinn erfüllt ist, weil es ein friedliches Miteinander als Nutzen für das eigene Wohlergehen erkannt hat.

Sogar in abgeschwächter Form hat rein egoistisches Denken schädliche Auswirkungen – nämlich auf ihn selbst, wenn er seine Handlungen mit Ansprüchen und Erwartungen verbindet, die über das natürlicherweise verfügbare und damit vollkommen Ausreichende hinausgeht. Die Folge sind schmerzliche Enttäuschungen und Beeinträchtigungen des eigenen Wohlbefindens, wenn das Erwartete nicht eintritt – im Gegenteil aber, ohne die selbstsüchtigen Erwartungen etwas gar nicht Erwartetes unverhoffte Freude auslösen kann.

Aber das Böse war nun einmal in der Welt – und als unauslöschbare Variante des >Radikalen Bösen<, das sich der Vernunft sogar bewusst verweigert, verhindert es hartnäckig und dauerhaft den ersehnten Weltfrieden. Wäre das Böse nur die Ausnahme von der Regel des Guten, ließe sich´s punktuell sicherlich leicht einkapseln und unschädlich machen – von ihm aber bereits durchwoben treiben seine Metastasen ungehemmt ihr zersetzendes Unwesen in einer ihm machtlos ausgelieferten Gesellschaft.

Fazit: der Mensch ist nicht von Natur aus gut – er könnte lediglich gut sein, wenn er seinem Willen den Auftrag dafür erteilte. Er ist im Fortschreiten seiner Entwicklung vielmehr erst einmal dominiert vom Bösen besetzt und kann ihm nur dadurch paroli bieten, dass er sich aufgrund seiner Erfahrungen und geeigneten Intellekts eine soziale Kompetenz hat aneignen können, was nur einer Minderheit der Menschen gelingt, weil es für die meisten dann schon zu spät ist, nachdem sie einmal das Blut egoistischer Scheinerfolge geleckt haben. Der uneingeschränkte Wille zur Vernunft bleibt dem von der Gesellschaft moralisch deformierten, von der Selbstsucht beherrschten Zeitgenossen jedoch auf Lebenszeit versperrt.

Auch die Appelle und Rezepturen eines Emanuel Kant laufen somit ins Leere, weil er die gewaltige Macht, Revisionsunfähigkeit und Unansprechbarkeit des in einem Menschen von tief verwurzelter Selbstliebe gesteuertem Bösen unterschätzt – egal ob es sich dabei um das eigene radikale oder banal fremdbestimmte Böse handelt – für die Vernunft jedenfalls ist es nicht mehr zugänglich – auf die auch Kant allerdings allein nur vertrauensvoll baut, wenn auch mit illusorischen, idealisierten Vorgehens-Vorschlägen, die solange nicht realisierbar sind,  solange die Vernunft nicht nur als die allgemein anerkannte, sondern im Angesicht des Schreckens und bedrohter eigener Sicherheit aus zwangsläufiger Einsicht unumgänglich gültige Regel im Menschen resistent und unumstößlich zementiert wurde. Die auf diese Weise selbstbestimmten Vernunftsentscheidungen werden, die dauerhafte Resistenz gegen das Böse unterstützend, ein Freiheitsgefühl selbsterwirkter Unabhängigkeit hervorrufen.

Das jedoch schließt sich für unsereins etablierten Zeitgenossen dieser Gesellschaft leider aus, bewiesen durch immer seltener praktiziertes Pflichtbewusstsein und fehlende Prinzipientreue. Sind Konflikte erst entstanden, zeigt die Praxis – ist es für ihre friedliche Lösung ohne verdeckt implementierte, neuerliche Konflikte bereits zu spät. Vernunft hätte sie vonvornherein verhindern können. Der von Kant bereits prophezeite Untergang der Menschheit nach der vollständigen Beherrschung der Welt durch das Böse wird derzeit immerhin noch durch gewisse Aufhellungen des Denkens verzögert, aber wirklich aufzuhalten scheint er nicht mehr zu sein – es sei denn, der menschliche Einfallsreichtum gewinnt wieder die Oberhand über das vom Egoismus getriebenen Bösen.

Und doch noch eine Lanze für das Böse: Aufgeklärte unter uns wissen, das vernünftiges Handeln etwas Angenehmes zur Folge hat. Aber auch diese sind schwach und erliegen im Ernstfall doch noch hin und wieder den Versuchungen des Bösen. Damit wir jedoch der Entdeckung der Vernunft treu bleiben, ohne der Versuchung unserer Selbstsucht wieder anheim zu fallen, braucht es die abschreckend grinsende Fratze des Bösen in uns, vor der wir erschrocken zurückweichen sollen, um erinnert zu werden an die wohltuende Wirkung vernünftigen Handelns. Ein gesunder Egoismus zum einfachen Selbsterhalt, um auch für andere da sein zu können, ist von der Natur so gewollt, aber die Dosierung liegt in unserer Hand. Dafür wurde dem Menschen mit seiner Geburt das Geschenk der Selbstbestimmung in die Wiege gelegt, die er braucht, um sein Leben im Bewusstsein von Unabhängigkeit und Freiheit angstfrei und in verlässlicher innerer Gelassenheit mit der Lust am Leben genießen zu können. Das alles gibt er auf, indem er sich der „Götze Egoismus“ unterwirft. Die Folge wäre ein schlechtes Gewissen, wenn er dann noch eines hätte, denn auch das hängt er dabei an den Nagel. Gewissenlosigkeit aber kann auf Vernunft verzichten. Mit dieser Geisteshaltung vernunftsloser, egozentrischer, allein auf Lusterfahrung gebauter Gesinnung stellt der Mensch sich unter das höhere Niveau eines Tieres und macht sich damit zum Sklaven seiner eigenen triebhaften Wunscherfüllungen, im Gegensatz zum Tier.

Neben dem nicht eliminierbaren Bösen trägt jeder Mensch also natur-gegeben auch die Vernunft in sich, ob er will oder nicht, auch wenn er sie nur eben gerade mal nicht benutzt, weil ihm, geblendet vom versprochenen schnellen Erfolg, das Böse den Zugang zur Vernunft blockiert. Wäre er in der Lage, das nun einmal nicht mehr wegzudenkende Böse in sich unter Kontrolle zu bekommen, könnte er mit dem Gebrauch der Vernunft in sich Gutes bewirken und damit dem Weltfrieden dienen.

Die Realität sieht bedauerlicherweise anders aus. Die Menschheit leidet unter der Volkskrankheit Nummer 1, der Egozentrik. Eine Krankheit, die deshalb nicht zu den üblichen Krankheiten zählt, weil sie psycho-somatisch als geistig-charakterliche Persönlichkeitsstörung weder diagnostiziert und therapiert werden kann – abgesehen von tatsächlichen Psychopathen. Ein geistig gesunder Mensch kennt das Böse in sich, hat es unter Kontrolle und lässt sich von Vernunfts-Entscheidungen leiten.

Die Geisteshaltung des „ICH über allem“ blockiert den Weltfrieden.

Das Böse bedient sich also geflissentlich mit scheinbarem Nutzen und verschleierten Absichten der unbegrenzten Selbstsucht des Menschen. Dieser unbegrenzten selbstzerstörerischen Selbstsucht des Menschen den Willen des Menschen zum dauerhaft friedlichen Existenzerhalt entgegen zu setzen, ist die Aufgabe der

Vernunft

Die unverfälschte Keimzelle der Vernunft aber sind allein die Kids for Future.